WO! 09/2010

In der September Ausgabe des Wormser Stadtmagazins WO! findet sich auf Seite 5 unter Realsatiere folgender Artikel:

Von politischer Hygiene

…und unhygienischer
Vetternwirtschaft…

Von Frank Fischer
 

Was ist eigentlich „politische Hygiene“? Noch nie gehört? Ist nicht schlimm. Hierbei handelt es sich ohnehin um eine neue Wortschöpfung unseres Oberbuergermeisters, als der Bauausschuss juengst darueber debattierte, ob in Weinsheim am See ein neues Baugebiet erschlossen werden soll. Wir stellen dagegen die Frage, wie es denn bei örtlichen Politikern tatsächlich mit der politischen Hygiene aussieht?
 
Darf Uwe Radmacher mit abstimmen, wenn es um ein neues Baugebiet in Weinsheim am See geht, wo doch das FDP-Stadtratsmitglied selbst dort wohnt? Ganz davon abgesehen, dass Radmacher tatsächlich am See wohnt, während das neu erschlossene Baugebiet gar nicht am See, sondern eher an der Bahn liegt (die Bahnstrecke Worms-Mannheim ist nicht weit entfernt) und somit schon von vornherein eine Mogelpackung ist, geht es hierbei – wie so oft – um eine Menge Geld. Ein insgesamt 4,5 Hektar großes Gelände soll dort bebaut werden, trotz massiver Kritik von Anwohnern und Umweltschuetzern, die kritisieren, dass eine Straße mitten durch ein Biotop mit seltenen Tierarten gebaut werden soll (alleine 45 verschiedene Vogelarten wurden dort festgestellt). Aller Bedenken zum Trotz und gegen den Widerstand von FWG Buergerforum, den Gruenen und der FDP, aber mit Stimmen der allmächtigen „SPD & CDU-Allianz“ wurde das Projekt schließlich im Stadtrat durch gewunken. Hierbei bewies besonders Weinsheims Ortsvorsteher Heinz Wößner (SPD), dass er ein ganz großes Herz fuer Tiere hat, als er angab, dass es „in so einer Sache immer Gewinner und Verlierer gibt, aber hier muss man an die Menschen denken.“ Klingt logisch. Wobei: Selbst wenn die Tiere ebenfalls gerne an sich selbst denken wuerden, können sie sich ja nur schwer artikulieren... 
 
Um aber auf Radmacher zurück zu kommen...

Als es im Bauausschuss um die Abstimmung ging, entgegnete OB Michael Kissel
Bedenken anderer Ratsmitglieder, ob Radmacher als Anwohner nicht „befangen“ sei und eigentlich gar nicht an der Abstimmung teilnehmen duerfe, mit eben jener eingangs erwähnten Wortschöpfung: Radmacher sei zwar nicht befangen, aber man muesse sich fragen, ob es „politisch hygienisch“ sei, in dieser Frage mit abzustimmen. Man sollte vielleicht noch erwähnen, dass Radmacher im „normalen Leben“ Zahnarzt mit eigenen Praxen in Lampertheim und Mannheim ist und von daher mit dem Thema Hygiene bestens vertraut ist. Auf der Frage nach der politischen Hygiene hat uebrigens Oberbuergermeister Kissel das Bauprojekt befuerwortet - man könnte auch sagen: mit Unterstuetzung der CDU durchgeboxt - obwohl die Firma, die in nicht unerheblichem Maße von dem Millionenprojekt profitiert, die Profecto GmbH aus Worms ist. Die wiederum gehört dem Wormser Rechtsanwalt Zahn, der als sehr guter Freund des Oberbuergermeisters gilt. Ist das jetzt eigentlich politisch hygienisch? Oder ist das etwa unhygienische Vetternwirtschaft?
 

(Quelle: Septemberausgabe Wormser Stadtmagazin WO!)

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